Der US-Chemiekonzern Dow will mehrere Chemieanlagen in Böhlen und Schkopau bis Ende 2027 stilllegen. Rund 550 Beschäftigte sind betroffen, Politik und Gewerkschaft zeigen sich alarmiert.
Der US-amerikanische Chemiekonzern Dow hat angekündigt, kostenintensive Anlagen an seinen ostdeutschen Standorten Böhlen in Sachsen und Schkopau in Sachsen-Anhalt bis Ende 2027 zu schließen. Betroffen sind vor allem die Chloralkali- und Vinylanlagen in Schkopau sowie der energieintensive Steamcracker in Böhlen, der Rohbenzin zu chemischen Grundstoffen verarbeitet. Rund 550 Beschäftigte sollen ihre Stellen verlieren. Dow begründet die Maßnahme mit strukturellen Problemen: hohe Energie- und Betriebskosten, steigende CO₂-Kosten und eine schwache Nachfrage in Schlüsselbranchen belasten das Geschäft.
Nach Unternehmensangaben sollen die Schließungen helfen, Kapazitäten anzupassen, Handelsrisiken zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Bereits im April hatte Dow angekündigt, mehrere Anlagen in Europa zu überprüfen. Neben den Standorten in Deutschland ist auch ein Werk im britischen Barry betroffen. Insgesamt fallen konzernweit rund 800 Arbeitsplätze weg. Das Unternehmen plant, bis Ende 2027 etwa 50 % seines Einsparziels von 200 Millionen US-Dollar zu realisieren, was umgerechnet rund 186 Millionen EUR entspricht.
Branchenvertreter und Politik reagierten mit deutlicher Kritik auf die Schließungspläne. Die Nordostchemie-Verbände warnten vor massiven Auswirkungen auf die regionalen Stoffverbünde und nachgelagerte Produktionsketten. Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin des VCI Nordost, betonte, dass jeder Chemiearbeitsplatz weitere Stellen sichere und das Wegbrechen ganzer Anlagen die Versorgungssicherheit gefährde.
Auch Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze und Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter äußerten sich besorgt. Beide Länder arbeiten in enger Abstimmung mit Dow daran, Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region zu erhalten und neue Investitionen anzustoßen. Schulze verwies auf bereits gegründete Arbeitsgruppen, Panter forderte Dow auf, für die soziale Absicherung der Beschäftigten zu sorgen.
Die Industriegewerkschaft IGBCE kritisierte Dow scharf und kündigte an, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen. Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IGBCE, sprach von einem „tiefschwarzen Tag für das Chemiecluster Mitteldeutschland“. Die Gewerkschaft fordert Dow auf, Verantwortung für die Region zu übernehmen. Erste Protestaktionen mit mehreren Hundert Teilnehmenden fanden bereits statt.
Die betroffenen Anlagen sollen bis Ende 2027 in Betrieb bleiben. Ein formeller Konsultationsprozess mit den Betriebsräten ist vorgesehen, um sozialverträgliche Lösungen zu finden. Der Rückbau könnte sich bis 2029 hinziehen. Andere Dow-Produktionsbereiche in Deutschland sind laut Unternehmen aktuell nicht betroffen.
Quelle: Farbe & Lack